Fluch oder Segen |
„Paradox of plenty“ oder der Ressourcenfluch Der Wettstreit um Ressourcen verstärkt sich zunehmend durch den enormen Verbrauch und Bedarf der westlichen Industriestaaten, wie auch durch das Wirtschaftswachstum in Entwicklungsländern. In Europa rechnet man pro Kopf mit einem Rohstoffverbrauch, der viermal so hoch ist wie der in Afrika. Leider profitiert die afrikanische Bevölkerung nicht automatisch von ihrem eigenen Reichtum an Ressourcen. Auf nachhaltige Nutzung und fairen Handel kommt es an. Nigeria beispielsweise fungiert als achtgrößter Erdölproduzent weltweit, dennoch nutzt die eigene Bevölkerung importiertes Benzin und lebt in Armut und Ausbeutung. Mit ihrem Ressourcenvorkommen verbinden sie mehr Fluch als Segen. An den Gewinnen bereichern sich nur wenige. Hinzu kommt die enorme ökologische Zerstörung. Vielfach ist im Zusammenhang mit dem Rohstoffreichtum von einem „Ressourcenfluch“ oder "paradox of plenty" (Paradoxon des Überflusses) die Rede. Die Bezeichnung spielt darauf an, dass der Ressourcenreichtum zwar eine große Chance für die rohstoffreichen Länder Afrikas darstellt, jedoch vielfach mit Korruption, Umweltzerstörung und Menschenrechtsverletzungen einher geht. Zusätzlich behindern international kooperierende „Banden“ - besonders im Mineralienhandel – die Bemühungen zur gerechten Ausfuhr, Regelung und Verteilung von Rohstoffen. Eine breite Spanne bedeutender Rohstoffe ist in Afrika aufzufinden: Metalle, Mineralien, Erdöl, Erdgas und weitere Ressourcen liegen in den Lagerstätten Afrikas. So ist es nicht verwunderlich, dass bei der Gewinnung dieser Rohstoffe zahlreiche Konflikte, Menschenrechtsverletzungen, Armut und Kriege auftreten. Allein im Jahr 2009 wurden weltweit 345 politische Konflikte ausgetragen, 79 davon im subsaharischen Afrika. Dabei ging es in vielen Fällen um nationale Machtkämpfe, die in Verbindung mit den wertvollen Rohstoffen ausgehandelt wurden oder vielmehr durch den Handel mit den Rohstoffen entstanden sind. Armeen, Kriegsfürsten, Waffenhändler, Regierungen aus Industriestaaten, afrikanische Nachbarländer oder Schmuggler treiben die Konflikte in diesen Ländern immer weiter voran. Die häufig rücksichtslose und teils unkontrollierte Rohstoffausbeutung erfolgt meist auf Kosten von Mensch und Umwelt und hat vielerorts zur Verschärfung bereits bestehender Konflikte beigetragen oder gar neue initiiert. Der Diamantenhandel bzw. Schmuggel beispielsweise finanzierte die Bürgerkriege in Ländern wie Liberia, Sierra Leone oder Angola über Jahre mit. Andere Rohstoffe wie Gold, Öl oder Coltan lassen bis heute immer wieder Konflikte aufflammen. Häufig erreichen die Rohstoffgewinne die Wirtschaft der Länder nicht, so dass nur einige wenige Menschen im Land sowie die internationalen Konzerne vom „Rohstoffsegen“ profitieren. „Die Qualität der Institutionen entscheidet darüber, ob der Reichtum an Bodenschätzen zum Fluch oder Segen wird“ – Die Qualität dieser Institutionen - d.h. Regierungen, die Eigentum respektieren, berechenbare Behörden - ist in einigen Staaten Afrikas allerdings häufig mangelhaft und so bleibt der Reichtum an Bodenschätzen für große Teile der Bevölkerung Afrikas nach wie vor ein Fluch. Die Gewinne aus dem Export wertvoller Edelmetalle wie z.B. Gold verteilen sich auf wenige private Taschen und die Gier nach höheren Profiten macht den vermeintlichen Segen für die Arbeiter und die Zivilbevölkerung sehr schnell zu einem Fluch. Trotz der bekannten Zustände partizipieren multinationale Großkonzerne an der Gewinn garantierenden Ausbeutung und unterstützen diese, indem sie Menschen für Hungerslöhne und unter unmenschlichen Bedingungen schuften lassen und die Gewinne mit den Eliten vor Ort teilen. Fragen nach Herkunft und Konsequenzen der Förderung für die Menschen vor Ort sind für die Kunden im fernen Europa oft eher lästig als wichtig und oftmals sowieso nicht zu beantworten. Um den Menschen in Afrika eine bessere Zukunft zu gewähren, sind jedoch gerade diese Fragen wichtig. Einige Kampagnen wie nodirtygold widmen sich daher dem Kampf für einen gerechten Handel mit Rohstoffen, wie er beispielsweise mit dem Kimberly Abkommen gegen den Handel mit Blutdiamanten, angestrebt wird. http://www.agenda21-treffpunkt.de/dossier/Rohstofffluch.htm http://www.bpb.de/themen/RQMPAL,0,0,Rohstoffe_f%FCr_den_Export.html http://www.medico.de/themen/krieg/rohstoffe/dokumente/der-stoff-aus-dem-kriege-sind/48/ http://www.spiegel.de/spiegel/spiegelspecial/d-47584415.html Faires Ressourcenmanagement - Gerechte und verantwortungsvolle Gewinnverteilung Dennoch kritisiert man den Begriff „Fluch“ als zu pessimistisch, da er von einer Unmöglichkeit auszugehen scheint, aus dem Kreis aus Korruption, Armut und Rohstoffreichtum auszubrechen. Ob sich der Ressourcenreichtum eines Landes als Fluch oder Segen herausstellt, ist von diversen Faktoren abhängig. Werden Rohstoffe in einem Land gefunden, geht das immer mit großen politischen und gesellschaftlichen Veränderungen einher. Ob diese Veränderungen zum Wohle der Allgemeinheit eintreten oder nicht, hängt von verschiedenen, komplexen länderspezifischen Gegebenheiten ab. Zunächst ist ein fairer, verantwortungsvoller und transparenter Umgang mit den Rohstoffeinnahmen essenziell, um gesellschaftliche Spannungen zu vermeiden und der Attraktivität und Gefahr von Korruption vorzubeugen. Zivilgesellschaften, Regierungen, Konzerne und die internationalen Finanzinstitutionen müssen gemeinsam agieren um einen produktiven und breitenwirksamen Einsatz der Gewinne zu gewährleisten und auch die Zivilbevölkerung am Ressourcenreichtum teilhaben zu lassen. Leider wird der faire und transparente Umgang mit den Rohstoffen und den damit erzielten Gewinnen immer wieder durch Korruption und „krumme Geschäfte“, häufig in den eigenen Regierungsreihen, erschwert. Dabei ist Korruption keine notwendige Begleiterscheinung des Ressourcenreichtums eines Landes. Als positives Beispiel gilt Botswana. Das diamantenreiche Land zeichnet sich durch einen sorgfältigen Umgang mit seinen Ressourcen aus und gilt als wenig korrupt. Durch eine umsichtige Verteilungspolitik der Regierung und geringe Korruption konnte sich Botswana dadurch in den vergangenen Jahrzehnten von einem der ärmsten Länder dieser Erde zu einem weitgehend schuldenfreien Land mit konstantem Wirtschaftswachstum entwickeln. Investitionen aus dem Diamantenhandel fließen nicht nur in die Infrastruktur des Landes, sondern werden zum Beispiel auch für die medikamentöse Behandlung von AIDS-Patienten verwendet. Auch andere Länder wie Ghana, Namibia oder Südafrika streben nach einem vorbildlichen und transparenten Umgang mit dem Ressourcenreichtum und zeichnen sich durch verhältnismäßig niedrige Korruptionsraten aus. Länder wie zum Beispiel Botswana wissen durchaus von ihrem Rohstoffreichtum zu profitieren. Das Land verfügt über große Vorkommen an Diamanten. Viele der rohstoffreichen Länder werden jedoch von autoritären Regimen oder korrupten Regierungen regiert. Das führt dazu, dass Konflikte schneller zur Eskalation führen, als es der Fall bei einer guten Regierungsführung wäre. Ein weiteres Problem stellt eine übermäßige wirtschaftliche Abhängigkeit eines Landes von einer oder einigen wenigen Ressourcen dar. Vielerorts fand in Afrika lange Zeit eine zu einseitige Fokussierung auf einzelne Exportprodukte statt, die eine verhängnisvolle Abhängigkeit vom Weltmarkt mit seinen Preisschwankungen -und damit ein ständiges und schwer kalkulierbares Risiko birgt. Eine Ausrichtung auf mehrere wirtschaftliche „Standbeine“ kann negative Konsequenzen für die Wirtschaft abfedern und ihnen entgegenwirken. Zudem würde eine verstärkte direkte Verarbeitung der Rohstoffe vor Ort sowohl bessere Preise für die Produkte und Arbeitsplätze ermöglichen als auch langfristig eine Verbesserung der Infrastruktur des Landes schaffen. http://www.epo.de/index.php?option=com_content&view=article&catid=58&id=2752%3Amisereor-fordert-mehr-unterstuetzung-fuer-umweltschutz-in-afrika&Itemid=33 Zum Weiterlesen: http://www.dw-world.de/dw/article/0,,4720764,00.html www.brebit.org/content/media/318.pdf |