Gender im landwirtschaftlichen Sektor

Einer der Schwerpunkte der afrikanischen Frauendekade ist die Stärkung der Erb- und Landrechte für Frauen. Im landwirtschaftlichen Sektor bestehen für afrikanische Frauen vielerorts nur eingeschränkte Aussichten auf Zugang, Teilhabe oder Besitz und eigenständiger Bewirtschaftung von Land. Dabei unterhalten Frauen ein Drittel aller Haushalte weltweit. Auch in Subsahara-Afrika erwirtschaften Frauen sowohl in der Stadt als auch auf dem Land einen maßgeblichen Anteil der Ernährungssicherung und Grundversorgung der Bevölkerung und stellen rund 70-80% der Arbeitskräfte. Diese Tradition reicht weit zurück. Bereits in vorkolonialer Zeit verfügten Frauen über umfassende agrar-ökologische Kenntnisse und erwirtschafteten in vielen afrikanischen Regionen einen Großteil der landwirtschaftlichen Überschüsse. In vielen Ländern wurden Frauen erst durch die Kolonialverwaltungen viele ihrer früheren Rechte und Funktionen abgesprochen. Heute produzieren Frauen in der afrikanischen Landwirtschaft über 90% der Grundnahrungsmittel. Doch trotz dieser hohen Beteiligung von Frauen an der landwirtschaftlichen Produktion sind die wirtschaftlichen Potentiale von Frauen durch diverse rechtliche, agrarpolitische und soziokulturelle Hindernisse eingeschränkt. Eine der Hauptschwierigkeiten ist für Frauen, eigenes Land zu besitzen. Sie besitzen nur rund ein Achtel der Landtitel in Subsahara-Afrika. Auch wenn viele Verfassungen Frauen offiziell das Recht auf Besitz zugestehen, bleibt die rechtliche Realität häufig weit davon entfernt. Dabei sind faire Land- und Erbrechte und deren korrekte Realisierung für Frauen auf dem Land eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine wirtschaftliche Eigenständigkeit. Vor allem Benachteiligungen und Beeinträchtigungen von Frauen im Erbrecht spielen eine entscheidende Rolle. In der Erbfolge, die eine klassische Form von Landzugang darstellt, werden weibliche Familienmitglieder in vielen Ländern zugunsten der (nächstältesten), männlichen Nachkommen übergangen. Nach wie vor wird Witwen nur in wenigen afrikanischen Ländern ein volles Erbrecht zugestanden. So haben Witwen in Liberia zwar einen Anspruch auf ein Drittel des Besitzes ihres verstorbenen Mannes – während den Kindern die verbleibenden zwei Drittel zustehen – doch wird dieses Recht in der Praxis häufig nicht realisiert.

Die Umstrukturierung der geschlechtlichen Arbeitsteilung im landwirtschaftlichen Sektor ist ein Stück weit das Resultat der männlichen Arbeitsmigration und dem daraus resultierenden Arbeitskräftemangel, die ihre Ursprünge in der Kolonialzeit haben. Unter den Kolonialregierungen wurden die Männer direkt oder indirekt gezwungen, den eigenen landwirtschaftlichen Anbau zu vernachlässigen und für eine Arbeit auf Großfarmen, in Minen oder in anderen Gebieten zu verlassen. Aber auch nach der politischen Unabhängigkeit blieb die Arbeitsmigration bis in die heutige Zeit eine wichtige Einkommensquelle der meist jungen, männlichen Bevölkerung und hat sich zu einem grenzüberschreitenden Phänomen entwickelt. So wandern junge Männer aus Ghana in die Industriegebiete Nigerias, Männer aus dem Sudan in die Arabischen Emirate und aus Lesotho und Mosambik nach Südafrika. Angesichts der hohen Lebenshaltungskosten in den Städten und eines neuen Konsumverhaltens ist es den jungen Männern vielfach nicht möglich, ihre Familien in den ländlichen Gebieten hinreichend finanziell zu unterstützen. Die Konsequenzen tragen die zurückgebliebenen Frauen und Kinder.
Die Tatsache, dass die Arbeitsmigranten größtenteils männlich sind, begründet sich zum einen aus traditionellen Normen, nach denen der Mann das Geld verdient, zum anderen sind Frauen auf dem Arbeitsmarkt in der Stadt im Hinblick auf Bildungs-und Beschäftigungsmöglichkeiten gegenüber den Männern benachteiligt. Darüber hinaus können Frauen einiger Regionen des südlichen Afrikas erst seit einigen Jahren legal die ländlichen Gebiete verlassen, da die Abwanderung von Frauen im südlichen Afrika unter einigen Kolonialregierungen bzw. der Apartheidregierung verboten war.

Obwohl die Zahl der weiblich geführten Haushalte kontinuierlich steigt, hält sich die Vorstellung des Mannes als Produktivkraft und Haushaltsvorstand, in dem die Frau die Versorgung der Familie und den Haushalt verrichtet und in der Landwirtschaft bestenfalls „mithilft“. So überrascht es nicht, dass die Befugnis für die Entscheidung über Erntenutzung und Gewinne häufig von den männlichen Familienmitgliedern unverändert für sich beansprucht wird. Trotz der gewichtigen Rolle im landwirtschaftlichen Sektor Sub-Sahara-Afrikas werden Frauen als Vorstände ländlicher Haushalte in Reformen oft übergangen und bilden nur selten die klare Zielgruppe bei entsprechenden Projekten. Neben den wirtschaftlichen Problemen wirken sich sicher auch die mangelnde gesellschaftliche Anerkennung für ihre Leistungen und die fehlende Unterstützung, um Arbeitsprozesse zu erleichtern, negativ auf die Entwicklung und Festigung des weiblichen Selbstverständnisses der Frauen aus (gerade angesichts der Tradition weiblicher Arbeitskraft im landwirtschaftlichen Sektor) sowie ihres Selbstbewusstseins angesichts ihrer Leistungen.

(Quellen: http://www.bpb.de/themen/STJI94,0,0,Gender_und_l%E4ndliche_Entwicklung_in_Afrika.html
http://www.womenthrive.org/images/womenfeedtheworld.pdf
http://www.venro.org/fileadmin/redaktion/dokumente/venro_Forderungen-finaldf.pdf )


Finanzierungsmöglichkeiten

Um die wirtschaftliche Eigenständigkeit der armen Bevölkerung und speziell die von Frauen zu stärken, gibt es mittlerweile Mikrofinanzorganisationen, die so genannte Mikrokredite vergeben. Dieses Geld kann dann z.B. für den Kauf von Saatgut, die medizinische Versorgung oder andere essentielle Anschaffungen verwendet werden. Gerade für Frauen ist die Schwierigkeit, Geldgeschäfte zu tätigen in vielen Ländern ungleich höher als für Männer. Die Kleinstkredite eröffnen ihnen die Möglichkeit wirtschaftlicher Unabhängigkeit, die sie gerne in Anspruch nehmen - rund 80% der Mikrofinanzkunden sind weiblich. In Deutschland wird der Aufbau dieser Mikrofinanzorganisationen u.a. von der GTZ, vom BMZ und dem Deutschen Entwicklungsdienst (künftig zusammengeschlossen als GIZ) unterstützt.

(Quelle: BMZ )